Zweistufiges kooperatives Gutachterverfahren, 1. Stufe – Städtebaulicher Ideenteil, 1. Preis
Auftraggeber: VOLKSWAGEN IMMOBILIEN GmbH
Uwe Brederlau, Florian Holik
Lucia Große Bächle (Landschaftsarchitektur)
Mitarbeit: Kyra Görlich, Patricia Kruse
Fläche 20 ha
Zeitraum 2013-2014
Alle Stadtteile Wolfsburgs zeichnet entsprechend ihrer Entstehungszeit seit den 30iger Jahren des letzten Jahrhunderts bis in die Gegenwart eine eigenständige Charakteristik aus, welche die jeweilige Entstehungszeit und Gestaltungsabsicht deutlich erkennbar werden lässt. Dadurch ist eine Vielfalt von Stadtstruktur, Gebäudetypologie und Freiraum gegeben. Die Stadtteile stellen ein ausdrucksstarkes Abbild der Zeitgeschichte dar und machen einen wesentlichen Aspekt der Identität der Stadt Wolfsburg aus.
In direkter Nachbarschaft des Entwicklungsareals liegt die Siedlung Steimker Berg. Sie wurde ab Mitte 1938 als erster Stadtteil noch vor dem eigentlichen Stadtzentrum errichtet und weist bis heute eine hohe Wohnqualität auf. In der Nähe sind auch die Wohngebiete Hellwinkel und Reislingen Südost (um 1990 entstanden), welche wiederum deutlich unterscheidbare Erscheinungsbilder aufweisen. Im Weiteren sind in Hellwinkel und Nordsteimke neue Wohngebiete vorgesehen.
Nicht nur die prominente Nachbarschaft begünstigt die Lagegunst des Entwicklungsareals Steimker Berg – Ost sondern auch die Nähe zur Innenstadt. Die Qualität der umgebenden Landschaft wie auch der weite Blick in den Landschaftsraum, z.B. in Richtung Bruchwiesen, ist ein zusätzliches Merkmal für die Attraktivität des Ortes.
Idee | Leitbild
Die spezifische Stadtstruktur von Wolfsburg ist gekennzeichnet durch das gleichzeitige Zusammenwirken von Urbanität und Landschaft. Diese Eigenschaft ist in nahezu allen Stadtteilen in unterschiedlicher Ausprägung zu finden und sorgt für eine große Lebensqualität in der Stadt.
Die Charakteristik der eigenständig wirksamen Quartiere in Wolfsburg soll fortgeschrieben werden. Ziel des vorliegenden Entwurfes ist es, unter Reaktion auf die besondere landschaftliche Qualität ein neues, urbanes und lebendiges Stadtquartier zu entwickeln, welches offen, vielfältig und nachhaltig ist.
Konzept
Vorgeschlagen wird ein städtebauliches Konzept, das ein eindeutiges und prägnantes städtebauliches Grundgerüst bereitstellt, in dem sich urbanes Leben sowie alltägliches Miteinander entwickeln kann und in dem dabei Offenheit für Unvorhersehbares und für Veränderungen gegeben ist.
Die Landschaft ist dabei integraler, identitätsstiftender Bestandteil des städtebaulichen Konzeptes. Durch eine ausgebildete grünräumliche Vorstrukturierung des Areals sind wesentliche Voraussetzungen für ein eigenständiges Stadtquartier, in dem sich landschaftlicher und gebauter Raum gegenseitig bedingen, angelegt.
_Anbindung und Vernetzung mit dem umgebenden Kontext von Stadt und Landschaft
_Gliederung des Gesamtquartiers in zwei aufeinander bezogene Subquartiere
_„Grüne Korridore“ gliedern das Areal in acht Segmente und verbinden die Quartiere mit der angrenzenden Landschaft
_Ausbildung einer räumlich wirksamen Adressbildung zur Nordsteimker Straße (L322)
_Zentraler Platz mit Nahversorgung sowie Energie- und Mobilitätstation für beide Subquartiere
Städtebauliche Struktur
Innerhalb des robusten, städtebaulichen Rahmens für den Stadtteil Steimker Berg – Ost sind wesentliche Setzungen wie notwendige Raumkanten vorgegeben. Ebenso sind die öffentlichen Räume, Plätze und grünen Korridore vordefiniert. Innerhalb dieser Vorgaben ist das Ziel, größtmögliche Freiheit für vielfältige sowie flexible Gebäude- und Wohnformen zu ermöglichen.
_Freiräume und Baufelder werden in Dimension sowie Proportion durch landschaftliche Elemente weitgehend grünräumlich vorstrukturiert
_Durch veränderbare Teilbarkeit der Baufelder und anpassbare Parzellen ist ein großes Spektrum von Nutzungsmischung, unterschiedlicher Aktivitäten und Parzellierung möglich
_Anpassbarkeit bzw. Steuerung von typologischer Vielfalt und städtebaulicher Dichte sowie ein hohes Maß an Vielfalt und Individualisierung der Gebäudetypologie
_Prozessuale Umsetzung des städtebaulichen Konzepts: in jeder Phase der Entwicklung ist ein in sich anpassbares und prägnantes Grundgerüst sowie eine Identität gebende, ablesbare Quartiersfiguration gegeben
Es entsteht eine abwechslungsreiche Raumsequenz, eine Rhythmisierung des öffentlichen Raums mit kleineren Plätzen für unterschiedliche Aktivitäten. Zusätzlich zu den Garten Plätzen bieten zwei Plätze jeweils Möglichkeiten für kreative und künstlerische Aktivitäten. Die zukünftigen Bewohner sollten bei der Gestaltung dieser Räume mitwirken.
Der zentrale Quartiersplatz wirkt als Entree des zukünftigen Quartiers. Außer der Grundversorgung (Bäckerei, Café, Restaurant, Kiosk) sind hier weitere Einrichtungen wie Energie- und Mobilitätszentrale vorgesehen, welche auch die Zukunftsfähigkeit des neuen Quartiers Steimker Berg-Ost verdeutlichen.
Die Haupterschließung des Stadtteils erfolgt über die Nordsteimker Straße (L322). Über eine interne (öffentliche) Erschließungsstraße im Quartier werden die einzelnen Baufelder und Gebäude jeweils über (private) Wohnwege erschlossen. Außer für die zentrale Erschließungsstraße wird für die anderen mit KFZ befahrbaren Flächen „shared space“ vorgeschlagen. Eine gleichberechtigte Nutzung des öffentlichen Raums mit gleichen Rechten für alle Verkehrsteilnehmer fördert die gegenseitige Akzeptanz sowie Aneignung der Räume und vermindert die Unfallgefahr.
Der geforderte und notwendige Lärmschutz wird durch einen landschaftlich geformten Wall hergestellt. Dieser ist sowohl landschaftliches als auch baulich gestaltetes Element. Dadurch fügt sich der Wall einerseits in die Landschaft ein, ist aber auch deutlich erkennbares, natürlich-künstlich geformtes Objekt.
Gebäudetypologie | Wohnformen
Jedes Baufeld ist grundsätzlich geeignet, eine Mischung unterschiedlichster Gebäudetypen aufzunehmen. Das vorgeschlagene Konzept zeigt eine Bebauungsauswahl, eine Kombination von Typen, die entsprechend den städtebaulichen, landschaftlichen und klimatischen Rahmenbedingungen positioniert ist.
Dichte | Individualität
Sowohl Dichte als auch Vielfalt der Gebäudetypologie sind steuer- und anpassbar, um unterschiedlichen Anforderungen und Lebensentwürfen von Bewohnern sowie zukünftigen Entwicklungen gerecht werden zu können.
Phasen der Realisierung
Auf Basis der vorgeschlagenen Struktur von Segmenten ist eine prozessuale Umsetzung des städtebaulichen Konzepts auch innerhalb der beiden Quartiere möglich. In jeder Phase der Entwicklung ist ein klares Grundgerüst sowie eine Identität stiftende, ablesbare Quartiersfiguration gegeben.